Engpässe bei Harnstoff: Die Krise am Düngemittelmarkt spitzt sich zu
Düsseldorf, September 2022. Aufgrund der immens steigenden Gas- und Energiekosten sehen sich die Hersteller von Düngemitteln mit nie dagewesenen Herausforderungen konfrontiert. Laut Einschätzungen des Industrieverband Garten (IVG) e.V. steuert der Markt auf dramatische Preissteigerungen und Engpässe zu. Insbesondere die Verfügbarkeit von Harnstoff – Grundstoff vieler Stickstoffdünger – ist derzeit für deutsche Produzenten stark eingeschränkt und finanziell kaum noch abbildbar.
Harnstoff wird in mehreren Prozessschritten aus Erdgas, Luft und Wasser gewonnen. Die gesamte Produktion benötigt enorm viel Strom und Erdgas. So machen allein die Erdgaspreise 90 Prozent der variablen Produktionskosten für Harnstoff aus. Als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und den damit einhergehenden explodierenden Gas- und Energiepreisen, mussten einige große Hersteller ihre Harnstoff-Produktion bereits einschränken oder sogar einstellen. Die Folge: Auf dem Markt kommt es zu einer drastischen Verknappung von Harnstoff.
Heimischen Düngemittelproduzenten fehlt wichtiger Rohstoff
„Die Situation für die Hersteller ist dramatisch, wir befinden uns in einer nie dagewesenen Krise“, so Robert Scheuß, Referent Gartenbau beim IVG. Es besteht das Risiko, dass durch die Produktionsrückgänge und -einschränkungen in näherer Zukunft kein Harnstoff mehr verfügbar ist, da auch die Lagerbestände der Düngemittelhersteller größtenteils bereits aufgebraucht sind. Noch erhältlicher Harnstoff wird entsprechend im Preis anziehen. Zum Vergleich: Seit 2019 hat sich der Harnstoffpreis versechsfacht. Darüber hinaus wird auch der Import von Harnstoff immer herausfordernder, da ausländische Hersteller überwiegend ihre Bestandskunden beliefern. „Die Existenz vieler heimischer Düngermittelhersteller ist gefährdet“, so Scheuß. Harnstoff ist mit rund 45 Prozent Stickstoffgehalt der wichtigste Grundstoff für die meisten mineralischen Stickstoff- und Mehrnährstoffdünger. Stickstoff wiederum ist ein Hauptnährelement und für das Pflanzenwachstum unentbehrlich. Gibt es keinen Harnstoff mehr aus heimischer Produktion, kann es schlimmstenfalls zu Versorgungsengpässen mit Düngemitteln kommen.
Appell an Handel und Politik
Diese angespannte Situation hat auch Auswirkungen auf den Handel, da die Hersteller mehr denn je Planungssicherheit benötigen. „Hierzu gehören auch flexible Lieferbedingungen und auskömmliche Preise, um das wirtschaftliche Bestehen der Düngemittelhersteller und so eine zuverlässige Versorgung der Konsumenten zu sichern“, sagt Scheuß. Eine dringende und schnelle Reaktion auf diese Krise seitens der Politik sei ebenfalls wichtig, um die Düngemittelproduktion und somit die Versorgung der Landwirtschaft und Gartenbaubetriebe mit notwendigen Düngemitteln aus hiesiger Produktion aufrecht zu erhalten.
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