Niedersachen beschließt Torfabbauverbot – IVG kritisiert Entscheidung und politisches Verfahren

Mit der Schlussabstimmung am 4. Dezember 2023 im Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz hat die parlamentarische Mehrheit aus SPD und Grünen im Niedersächsischen Landtag, trotz massiver verfassungsrechtlicher Bedenken, den Weg für ein Verbot von neuen Torfabbaugenehmigungen frei gemacht. Die Abstimmung im Landtagsplenum in der kommenden Woche ist damit nur noch eine Formsache. Dieser Beschluss wird massive Auswirkungen auf die lokale Wertschöpfung und somit signifikante Folgen wie Arbeitsplatzverlagerungen und eine geringere Verfügbarkeit von hochwertigen Erden und Substraten haben. Gleichzeitig ist absehbar, dass aufgrund fehlen-der Alternativstoffe dem Klimaschutz nicht gedient sein wird, sondern Wertschöpfungsketten und Emissionen lediglich ins Ausland verlagert und Transportwege verlängert werden.

„Die Abstimmung im Ausschuss ist ein Schlag in das Gesicht der Produzenten von Erden und Substraten und der torfabbauenden Unternehmen in Deutschland. Es ist ein klares Misstrauensvotum gegen die Branche als solche, die über Jahrzehnte unter immer schwieriger werdenden Umständen zur Versorgungssicherheit mit Substraten und damit letztendlich auch mit Lebensmitteln, die darin produziert werden, beigetragen hat“, so Philip Testroet, Referatsleiter Gartenbau und Umwelt beim Industrieverband Garten (IVG) e.V. „Dabei wurde der Klima- und Naturschutz immer weiter optimiert, zuletzt mit dem NABU-IVG-Konzept von 2014“. Das nun kurz vor der Verabschiedung stehende Gesetz schwächt massiv die ländlichen Regionen in Niedersachsen, in denen die Produktion und damit auch die Wertschöpfung stattfindet.

Verbot für Neugenehmigungen vorgesehen – kein Gewinn für den Klimaschutz
Der nun kurz vor der Verabschiedung stehende Gesetzentwurf sieht ein Verbot für die Genehmigung weiterer Torfabbauvorhaben vor. „Bisher war es vorgeschrieben, dass die torfabbauenden Unternehmen, die eine Genehmigung für die Torfgewinnung auf landwirtschaftlich vorgenutzten und bereits seit langer Zeit trockengelegten Flächen erhalten, auch für die Wiedervernässung und Sanierung der Abbauflächen zuständig sind“, erläutert Testroet. „Zusätzlich fand eine externe Klimakompensation für die Emissionen des extrahierten Torfes statt.“ Zukünftig wird die Aufgabe der Wiedervernässung ausschließlich bei den Kommunen und der öffentlichen Hand liegen. Wie diese Aufgabe ohne die benötigte Expertise und vor dem Hintergrund des Personalstands in der Verwaltung möglich sein soll, ist ungewiss. Die trockengelegten Moorflächen bleiben so bei ihrer bisherigen Nutzungsform und emittieren damit weiter CO2.

Kritik an einseitigem Prozess
Zu großer Verwunderung hat auch ein Zitat des Niedersächsischen Umweltministers Christian Meyer (Grüne) in der tageszeitung (taz) vom 27. November geführt, wonach „die Torflobby gegen ihn sturmlaufen würde“. Weiterhin wird das grundsätzliche parlamentarische Verfahren kritisiert. Denn mitnichten ist es so gewesen, dass die Verbände und die betroffenen Unternehmen in die politische Entscheidungsfindung einbezogen wurden. Bis auf eine Einladung zur öffentlichen Anhörung im Landtag im August sind alle Versuche der Kontaktaufnahme des IVG oder seiner Mitglieder bis heute unbeantwortet geblieben. So kann kein dringend benötigter Dialog stattfinden, um den Konsens verschiedener Interessen herbeizuführen. „Das politische Ziel des Verfahrens war von Beginn an eindeutig. Es ging nicht darum, eine möglichst breite Beteiligung durchzuführen und das bestmögliche Ergebnis zu erreichen“, vermutet Testroet. „Dies zeigt schon die überhastete Einbringung im Juni durch die Fraktionen von SPD und Grünen und die öffentliche Anhörung am Ende der Sommerpause im August. Vielmehr bleibt der Eindruck bestehen, dass man mit dem Torfabbauverbot möglichst ungestört ein plakatives Lieblingsprojekt der Regierung umsetzt.“

Torfreduktion anhand der Realitäten ist das Ziel
Die Torfreduktion bei Produktion und Einsatz von Substraten schreitet unterdessen voran. Dennoch bildet der Torf einen bis jetzt unverzichtbaren Grundstock der Rohstoffe und sichert die Qualität von Substraten für den Erwerbsgartenbau. Ein vollständiger Ersatz ist aus heutiger Sicht nach Qualitätsmaßstäben und durch die fehlende Verfügbarkeit der Ersatzrohstoffe nicht absehbar. Die benötigten Torfmengen werden somit schon kurzfristig importiert werden müssen. „Unsere Tür bleibt geöffnet für einen konstruktiven und ergebnisoffenen Dialog. Wir sind aber davon überzeugt, dass dieser in Niedersachsen nur mit einem langfristig angelegten, transparenten und verantwortungsvollen Torfabbau- und Torfnutzungskonzept erfolgreich sein wird.“