Heimische Torfvorräte deutlich geringer als angenommen
Der Industrieverband Garten (IVG) e.V. hat unter seinen Mitgliedern aus der Substratbranche eine Umfrage zur Gesamtsituation von Torfabbaugenehmigungen und restlichen Torfvorräten in Deutschland durchgeführt. Das Ergebnis: Die Gesamtfläche aktueller Abbauvorhaben, restlich verfügbare Torfmengen sowie Laufzeiten von Genehmigungen werden aktuell von der Politik und interessierten Öffentlichkeit deutlich zu hoch eingeschätzt. Da derzeit weder qualitativ noch quantitativ ausreichend Ersatzstoffe zur Verfügung stehen, sind als Resultat ein rapider Anstieg der Torfimporte und eine Konsolidierung der Standorte der Substratproduktion zu erwarten. Fehlende Verfügbarkeiten von hochwertigen Kultursubstraten sowie Preissteigerungen könnten zu einem weiteren Standortnachteil für den Gartenbau in Deutschland werden.
Derzeit sind zwar auf dem Papier noch 8.000 Hektar in Deutschland für den Torfabbau offiziell genehmigt. „Davon befinden sich nach unserer Umfrage nur noch etwa 2.000 Hektar im aktiven Abbau. Das sind in Relation etwa 0,8 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche auf organischen Böden in Niedersachsen“, fasst Philip Testroet, Referatsleiter Gartenbau und Umwelt beim IVG, die Faktenlage zusammen. „Andere neuere Erhebungen, wie die des Osnabrücker Umweltforums oder des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie, greifen auf ältere Datensätze zurück und beinhalten auch Abbauflächen, die sich in der Praxis bereits in der Phase der Wiedervernässung befinden.“ Die Ergebnisse der Abfrage zeigen, dass sich heute viel weniger Flächen unter Torfabbau befinden als angenommen. Zudem sind auch zeitlich unbefristete Abbaugenehmigungen an eine maximale Tiefe gebunden und bereits ausgelaufen bzw. laufen wesentlich früher aus als vermutet. Durch diese Ausgangslage werden auch die der Torfnutzung zugeschriebenen Emissionen stark überschätzt. Der Verband fordert das kürzlich beschlossene und verfassungsrechtlich bedenkliche Verbot für neue Abbauvorhaben in Niedersachsen auszusetzen. „Man sollte sich gemeinsam Gedanken über eine verantwortungsvolle Regelung neuer Abbaugenehmigungen samt Wiedervernässung und Klimakompensation machen“, so Testroet. „Fehlende Verfügbarkeit von Ersatzrohstoffen in den benötigten Qualitäten sind weiterhin ein Problem für die Torfreduktion, neben ganz einfachen produktionstechnischen und physikalischen Grenzen bei der Kulturführung und Vermarktung.“
Es geht darum, die Versorgungssicherheit mit Substraten und den darin angebauten Produkten, wie zum Beispiel Lebensmitteln, zu gewährleisten, aber zeitgleich die Anstrengungen für den Klimaschutz branchenübergreifend anzugehen. Die Substratbranche hat mit einer Selbstverpflichtung und bis heute schon sehr weitgehenden Torfreduktion bereits einen großen Anteil geleistet. „Es ist jedoch erschreckend, dass die Landesregierung in Niedersachsen nun bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage in mehreren Punkten bedenklich ins Schwimmen gerät“, bewertet Testroet die Tatsache, dass in der besagten Landtagsdrucksache erhebliche Lücken und Widersprüche auftreten.
Aktuell wird wieder vermehrt auf den Torfverzicht im Privatgarten hingewiesen. Dabei ist auf die geänderte Handhabung von stark torfreduzierten und torffreien Erden zu achten. Zu denken ist dabei an eine angepasste Bewässerung und Düngung. IVG und Gütegemeinschaft Substrate für Pflanzen informieren dazu auch auf ihren Internetpräsenzen. „Am Ende darf die Kaufentscheidung nicht durch die Politik vorgegeben werden, sondern Kundinnen und Kunden müssen fachgerecht und anwendungsbezogen beraten werden und daraufhin selbstständig ihre Kaufentscheidung treffen dürfen.“ Der Verkauf torfhaltiger Erden für den Consumer-Bereich wird auch über das Jahr 2026 hinaus in Deutschland möglich sein.
Information zur Grafik: Voraussichtliche Torfabbaumengen in Deutschland der kommenden 10 Jahre in Relation zu anderen Kenngrößen für den deutschen Substratmarkt. Ab dem Jahr 2024 Modellierung bzw. Umfrageergebnisse. Getroffene Annahmen für Modellierung: konstante Gesamtproduktion, Zugewinn an neuen Ersatzrohstoffen von 0,2 Mio. m3 pro Jahr und entsprechende Reduktion der Torfmenge. Die Differenz zwischen benötigter Torfmenge und Abbaumenge wird importiert.