Niedersachen veröffentlicht und diskutiert Potenzialstudie zur Wiedervernässung von Moorböden

Der Industrieverband Garten (IVG) e.V. wurde als Stakeholder bei der Erarbeitung einer Potenzialstudie „Moore in Niedersachsen“ eingebunden, welche das niedersächsische Umweltministerium beauftragt hatte. Auf fünf Regionalkonferenzen wurden die Ergebnisse einem breiten Kreis an Betroffenen und Interessierten vorgestellt und diskutiert. Den Abschluss machte ein Treffen in Hannover. Der IVG beanstandet in diesem Zusammenhang die in den Meldungen des Ministeriums inkorrekten Werte in Bezug auf die Emissionen aus dem Torfabbau und dessen Nutzung. Der Verband bemängelt zudem die fehlende Bereitschaft zu einem Runden Tisch mit der Substratindustrie, um praxistaugliche Lösungen auszuloten unter anderem im Bereich von Wiedervernässung und Renaturierung.

Die Potenzialstudie zu den niedersächsischen Moorböden zeigt deutlich, welche Flächen mit welchem Aufwand wiedervernässt werden können. Sie vergleicht das Minderungspotenzial von Treibhausgasen und schlägt Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen vor. Eine vollständige Wiedervernässung der organischen Böden scheint jedoch nicht möglich zu sein. „Es darf nicht nur bei dieser Studie bleiben“, sagt Philip Testroet, Referatsleiter Gartenbau und Umwelt beim IVG. „Jetzt müssen konkrete, mit den Flächeneigentümern abgestimmte, Handlungsmöglichkeiten erarbeitet und umgesetzt werden.“ Der IVG erinnert daran, dass dabei neben der Land- und Forstwirtschaft auch die Substratindustrie als Teil der Lösung mit einzubeziehen ist. Bisher sträubt sich die Politik in Niedersachsen gegen eine Zusammenarbeit und hat stattdessen ein Verbot für Neugenehmigungen von Torfabbauvorhaben erlassen, die lediglich eine Verschiebung von Emissionen („carbon leakage“) verursachen. „Ein Taschenspielertrick der Landesregierung, der die heimischen Emissionen vermeindlich reduzieren soll, global gesehen aber nicht als Klimaschutz bezeichnet werden kann“, bewertet Testroet diese Strategie.

Da ein kompletter Torfausstieg im Gartenbau aktuell aufgrund fehlender, qualitativ geeigneter Alternativen nicht umsetzbar ist, wird der Rohstoff in naher Zukunft lediglich importiert werden können oder die Verlagerung der Industriestandorte nach sich ziehen. Nach den allgemein anerkannten Regeln der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) werden die Emissionen des Torfabbaus demjenigen Land zugeschrieben, in dem der Abbau stattfindet. Das bereits seit 2012 existierende Nabu-IVG-Konzept, welches eine externe Klimakompensation vorsieht, aber in der Praxis nie wirklich eine Chance bekommen hat, steht zur Umsetzung bereit. Nun wurden stattdessen Neugenehmigungen für den Torfabbau verboten, was auch die Klimakompensation abschafft.

„Auswege aus diesem Dilemma wären kooperative Wege für eine Übergangszeit, die Zulassung kleiner neuer Torfabbauflächen in Niedersachsen mit Klimakompensation sowie Nachnutzung für den Naturschutz oder für eine Paludikultur“, so Testroet „Flankierend helfen würde die Schaffung und Unterstützung der Nachfrage nach Produkten aus der Paludikultur wie zum Beispiel Torfmoosen. „Wir hoffen, das als Resultat der Regionalgespräche noch Anpassungen am Fazit des Ministeriums vollzogen werden und unserer Bitte nach einem Dialog mit der Substratindustrie in Niedersachsen nachgekommen wird.“

Hintergrund:
Aktuell entweichen in Niedersachsen pro Jahr fast 16 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente aus entwässerten Moorböden. Dies beinhaltet nur die Emissionen aus der Landnutzung. Die im Verhältnis dazu geringen Emissionen aus dem Torfabbau und dessen Nutzung im Gartenbau kommen noch hinzu. Diese betragen bei einer aktuellen Abbaumenge von etwa 2 Millionen Kubikmetern Torf lediglich eine 0,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Diese könnten, wenn sich die Politik darauf einließe, künftig nach Nabu-IVG-Konzept auch durch zusätzliche Wiedervernässungs- und Renaturierungsprojekte klimakompensiert werden. Das Ministerium verwendet in seinen Pressemeldungen veraltete Daten, was die Abbau- und Verwendungsmenge von Torf in Niedersachsen betrifft. Dadurch kommt es zu einer Überschätzung der Emissionen, was unter Missachtung der positiven Aspekte der Grünen Branche zu schwerwiegenden politischen Fehlentscheidungen führt.