Biozidrechts-Durchführungsverordnung betrifft Händler und Verbraucher

Es ist ein sperriges Wort, das seit dem ersten Januar dieses Jahres viele Teile des Einzelhandels betrifft: Die Biozidrechts-Durchführungsverordnung (kurz: ChemBiozidDV) greift. Sie verbietet den freien Verkauf von bestimmten Biozidprodukttypen. Was bedeutet das für Kunden und Händler? Neudorff hat Antworten und Lösungen.

Was sind Biozide? Biozide werden in und an Gebäuden oder auf Wegen und Plätzen rund um Gebäude eingesetzt. Sie bekämpfen Haushalts- und Hygieneschädlinge wie beispielsweise Mäuse oder Ameisen, aber auch Algen, Pilze oder Bakterien. Zudem gibt es Biozide, die vertreibend oder anlockend wirken. Biozide dürfen bis auf sehr wenige Ausnahmen nicht an Pflanzen oder in Beeten eingesetzt werden. Bislang waren alle Biozide im Baumarkt, Gartencenter, Drogeriemarkt und Lebensmittel-Einzelhandel frei verkäuflich. Kundinnen und Kunden konnten sie einfach in ihren Einkaufskorb packen und zu Hause anwenden.

Was hat sich zum 1. Januar 2025 geändert? Seit Jahresbeginn sind bestimmte Biozide nicht mehr freiverkäuflich – weder stationär noch online. Das betrifft unter anderem Mittel zur Abtötung von Nagetieren, Ameisen und Wespen. Der Handel muss sie daher in verschlossenen Schränken oder Regalen lagern. Es besteht ein Selbstbedienungsverbot. Wollen Privatpersonen ein Biozid kaufen, müssen sie sich nun vorab zwingend von geschultem Fachpersonal beraten lassen. Auch der Online- oder Versandhändler muss sachkundig sein und eine persönliche Beratung gewährleisten. Dies kann telefonisch erfolgen. Ob ein Beratungsvideo von den entsprechenden Behörden akzeptiert wird, ist noch unklar. Die persönliche Beratung ist Pflicht. Erst dann können Kundinnen und Kunden das Biozid kaufen, mitnehmen und zu Hause verwenden.

Welche Vorteile soll die neue ChemBiozidDV bringen? Der persönliche Kontakt soll vor allem der Aufklärung dienen. Ziel ist, dass das geschulte Personal Kundinnen und Kunden individuell zur richtigen Anwendung, Lagerung und Entsorgung von Bioziden berät. Der Gesetzgeber hofft, dadurch Risiken im Umgang mit Bioziden zu reduzieren.

Worin besteht das Problem? Zum einen fehlt es an geschultem Fachpersonal. Grundsätzlich gilt: Einzelpersonen brauchen als Abgeber für die Beratung einen sogenannten Pflanzenschutz Sachkunde-Nachweis. Diesen Nachweis muss man um eine spezielle Biozid-Schulung ergänzen. Erst dann dürfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Bioziden beraten und diese aus dem Schrank geben. Ist kein Mitarbeiter mit solch einem Nachweis im Markt, dürfen auch keine Biozide verkauft werden. Der Schrank bleibt zu. Zum anderen müssen Einzelhändler den nötigen Platz in abschließbaren Schränken schaffen oder entsprechende Schränke kaufen. Gartencenter und Baumärkte haben bereits für Pflanzenschutzprodukte solche Schränke, Lebensmittelhandel und Drogeriemärkte jedoch nicht. Aus diesem Grund, und auch wegen des geschulten Personals, ist es fraglich, ob Supermärkte und Drogerien künftig diese Produkte weiter anbieten.

Was steckt hinter der ChemBiozidDV? Das neue Gesetz ist politischer Wille und ein deutscher Alleingang. Schon im Vorfeld suchten viele betroffene Unternehmen den Dialog mit der Politik, um auf die sich anbahnenden Probleme für Händler und Verbraucher hinzuweisen. Dennoch ist das neue Gesetz zum 1. Januar 2025 in Kraft getreten. In anderen europäischen Ländern sind Biozide weiterhin freiverkäuflich.

Wie stellt sich Neudorff der Herausforderung? Bereits seit Mai 2024 bietet Neudorff online spezielle Biozid-Schulungen an. Diese richten sich an alle, die bereits einen Pflanzenschutz-Sachkundenachweis für Abgeber besitzen. Nach der erfolgreichen Teilnahme können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Baumärkten und Gartencentern zu Bioziden beraten und diese verkaufen. Die Nachfrage nach solchen Schulungen ist hoch. Pro Woche bietet Neudorff durchschnittlich fünf Schulungen an. Diese werden von derzeit acht Referenten geleitet und umfassen jeweils 25 Teilnehmende. „Neudorff hat früh auf die bevorstehende Herausforderung reagiert und ein durchweg rundes Schulungsprogramm vorgestellt“, lobte Michael Kaufhold vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Göttingen bereits im Oktober 2024. Die Behörde ist für die offizielle Anerkennung der Neudorff-Schulungen zuständig. Durch dieses stetige und rechtzeitige Engagement hat Neudorff bisher knapp 3.000 Baumarkt- und Gartencenter-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter geschult. Das Unternehmen trägt somit dazu bei, dass Personal sachkundig ist und Ware verkaufen kann. „Die Nachfrage nach Schulungs-Plätzen ist ungebrochen hoch. Wir bilden derzeit noch weitere Referenten aus, um den Bedarf zu decken“, resümiert Annika Prothmann. Sie ist Schulungskoordinatorin bei Neudorff und kümmert sich um die Organisation der Schulungen.

Ändert sich durch die ChemBiozidDV das Produktsortiment? Neudorff hat bereits seit Herbst 2024 einige neue Produkte im Sortiment, die nicht unter die ChemBiozidDV fallen. Dazu gehören u.a. Vertreibungsmittel für Ameisen wie AmeisenStopp, oder Klebefallen gegen Silberfischchen wie Permanent SilberfischchenStopp. Das bietet dem Handel Alternativen für den Freiverkauf.