Das vom Bundeskabinett beschlossene Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) aus dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) flankiert die Ziele der Bundesregierung zum Klimaschutz und zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Der Industrieverband Garten e.V. (IVG) begrüßt die grundsätzliche Intention des Programmes, bemängelt aber die einseitige Betrachtungsweise und die fehlende Berücksichtigung der erheblichen Bedenken aus der Wirtschaft..
Mit dem ANK will die Bundesregierung entscheidend dazu beitragen, den allgemeinen Zustand der Ökosysteme in Deutschland nachhaltig zu verbessern. So soll deren Resilienz und Klimaschutzleistung gestärkt werden. Der Industrieverband Garten e.V. (IVG) und die darin zusammengeschlossenen Unternehmen der Grünen Branche begrüßen die grundsätzliche Intention des vorgelegten Planes zum Schutz der Biodiversität und des Klimas. Denn ohne einen angemessenen und ausreichenden Natur- und Klimaschutz wird sich die wirtschaftliche Grundlage der Grünen Branche nachhaltig verschlechtern. Planbare und verlässliche Rahmenbedingungen sind für die notwendige Anpassung allerdings unabdingbar.
Die im IVG organisierten Unternehmen haben sich 2020 dazu entschlossen, den Einsatz von Torf in Substraten zu reduzieren, um ihren Anteil an der globalen Emissionsminderung langfristig beizutragen. Daher hat sich der IVG vor allem zum ersten Kapitel des ANK, in dem es um den Schutz intakter Moore und Wiedervernässungen geht, in seiner Stellungnahme geäußert.
„Durch die Substratindustrie geht heutzutage keine Gefahr für intakte Moore mehr aus. Der Torfabbau findet seit den 1980er-Jahren nur noch auf bereits lange entwässerten und landwirtschaftlich genutzten Flächen statt“, erklärt Philip Testroet, Referatsleiter Gartenbau und Umwelt beim IVG. Im nun beschlossenen Aktionsplan heißt es wörtlich über Moorböden: „meist werden sie als Acker- oder Weideland oder zum Torfabbau genutzt.“ Dies ist fachlich nicht korrekt. Den größten Flächenanteil hat die landwirtschaftliche Nutzung. Danach folgt die forstwirtschaftliche Verwendung der Flächen (15 Prozent) sowie ungenutzte Flächen (7 Prozent) und Flächen für Siedlung und Verkehr (5 Prozent). Die Nutzung von organischen Böden für den Torfabbau trägt mit unter 2 Prozent der Fläche verhältnismäßig wenig zu den Emissionen aus diesen Bereichen bei. „Ein kompletter Verzicht auf Torf in allen professionellen Kultursubstraten für den Erwerbsgartenbau ist aus heutiger Sicht mittel- bis langfristig nicht denkbar. Die Bundesregierung muss daher die ausgegebenen Ziele genauestens mit den Betroffenen rückkoppeln und die Möglichkeit der Torfnutzung weiter garantieren.“
Substratindustrie sucht den Dialog und bietet eigene Expertise an
„Wir haben im Rahmen unserer Stellungnahme zum ANK angeregt, dass auch Konzepte sowie Lösungen verankert werden, die z.B. eine bessere Verfügbarkeit von alternativen Rohstoffen garantieren“, so Testroet weiter. „Darüber hinaus bieten wir die Expertise unserer Unternehmen bei der Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter Moorflächen an.“ Die Industrie vernässt und renaturiert seit mehr als 30 Jahren professionell die ehemaligen Torfabbauflächen und kann so auf Fachkenntnisse bei der Transformation landwirtschaftlicher Flächen zurückgreifen. Durch eine weitergehende Einbindung der Industrie und ihres Know-hows in diesem Bereich könnte eine zügige wie auch fachlich korrekte Sanierung garantiert werden.
„Trotz der Kritikpunkte sieht sich die Substratindustrie als enger Partner bei der Wiedervernässung von Moorböden und ist bereit für den Dialog mit der Politik, zum Beispiel in Form eines runden Tisches“, so Testroet. Der IVG und seine Mitglieder unterstützen die Zusage des BMUV, dass neuartige Bewirtschaftungsformen wie die Paludikultur besonders gefördert werden sollen. Nachwachsende Rohstoffe können eine entscheidende Rolle beim Umstieg auf torfreduzierte Substrate einnehmen, wenn sie wirtschaftlich in den benötigten Mengen und Qualitäten erzeugt werden könnten. Außerdem sind die geplanten Maßnahmen zur Erforschung, Entwicklung und Einsatz von qualitativ hochwertigen Torfersatzstoffen sowie zur Umweltbildung und Verbraucherinformation zu Torfersatzstoffen sehr zu begrüßen. Positiv bewertet wird zudem die geplante Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen in Form einer Förderrichtlinie.
Es besteht ein akuter Forschungsbedarf z.B. im Bereich der Moorsanierung, der Reststoffverwertung, bei Gärprodukten oder Biokohle. Auch die Frage, ob „Neue Züchtungsmethoden“ einen Durchbruch bei der Züchtung schnellwachsender, ergiebiger und damit wirtschaftlich relevanter Torfmoose für die Kultur bringen, muss beantwortet werden.
Die Mitwirkung der Substratindustrie bei Wiedervernässungen und Moorsanierungen ist in jedem Fall zwingend notwendig, egal, ob die Fläche für den Naturschutz, eine Paludikultur oder eine Moor-PV-Anlage aufbereitet werden soll. Denn vor jeder Wiedervernässung im Anschluss an eine landwirtschaftliche Nutzung ist ein Abtrag des landwirtschaftlich genutzten Oberbodens (Topsoil) zwingend erforderlich. Andernfalls kann sich keine moortypische Vegetation entwickeln und zusätzlich würde ohne Abtrag ein unnötig hoher Methanausstoß verursacht. Durch diesen Abtrag kann die Fläche auch wesentlich früher wieder als CO2-Senke betrachtet werden.
Bild: © B. Schmatzler